07. Ist das Zwei-Prozent-Ziel der NATO ein notwendiges Vorhaben, um Cyber-Angriffe auf die Sicherheit zu verhindern oder zu beschränken?
Angriffe auf unsere Sicherheit – egal ob konventionelle oder Cyber-Angriffe – können nur beschränkt oder verhindert werden, wenn wir aus der Kriegslogik und dem Militarismus aussteigen und eine Kultur des Friedens, der Kooperation statt Konfrontation, der Solidarität, des Respekts und der Würde entwickeln.
Es sind doch gerade die militärischen „Tugenden“, wie Identifizieren, Analysieren, Verfolgen, Verschleiern, Täuschen, Ausspionieren, Zerstören, Konkurrenz und Wettbewerb, die Cyber-Angriffe ermöglichen und die Kassen der Rüstungsindustrie klingeln lassen. Solange Staaten – allen voran die USA und ihre Geheimdienste – von den Technologie-Unternehmen fordern, Hintertüren für Spionage und Überwachsungszwecke in ihre Software einzubauen, nutzen auch die größten Investitionen nichts zu unserem Schutz.
Schon das Internet wurde von und für das Militär entwickelt, so sind heute die Dual-Use Elemente noch wesentlich größer geworden, siehe Drohnen.
Und auch die Künstliche Intelligenz – besonders die selbstlernenden Algorithmen – spiegeln nur die herrschende Denkweise wieder. Die Auswahl der Trainingsdaten, an Hand derer die Algorithmen lernen, bestimmen was gelernt wird und beinhalten immer subjektive Aspekte derjenigen, die Daten zusammenstellen, siehe die rechtsradikalen Algorithmen bei Facebook.
Die enge Verzahnung zwischen Industrie, Wissenschaft und Militär verdeutlicht die Initiative Cyber Valley. „[Diese] bündelt die Forschungsaktivitäten von internationalen Key-Playern aus Wissenschaft und Industrie auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Gefördert durch das Land Baden-Württemberg werden … neue Forschungsgruppen und Lehrstühle auf den Gebieten Maschinelles Lernen, Robotik und Computer Vision [ge]schaffen und … in einer neuen und weltweit einzigartigen Graduiertenschule für Intelligente Systeme … Doktoranden ausgebildet.“[1] „Derzeit sind elf Kernpartner aus Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft an der Initiative beteiligt, u.a. die Max-Planck-Gesellschaft, die Universitäten Stuttgart und Tübingen, Amazon, BMW AG, Daimler AG, IAV GmbH, Porsche AG, Robert Bosch GmbH und ZF Friedrichshafen AG.“[2]
Mit Amazon sitzt ein Unternehmen am Tisch, das nicht nur durch seine Ausbeutung, Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz berüchtigt ist, sondern auch wegen seinen engen Beziehungen zur US-Regierung, CIA und Polizei. Diese haben Interesse an Amazons Gesichtserkennungssoftware „Rekognition“ zum Identifizieren, Verfolgen, Analysieren. Die Beschäftigten bei Amazon schrieben einen Brief an ihren Chef. „In diesem forderten sie dazu auf, aufzuhören, Infrastruktur an Polizeieinheiten wie ICE[3] oder Homeland Security bereitzustellen. Die Angestellten Amazons mahnten die Macht ihrer Software an, den Überwachungsstaat zu fördern, Militarisierung voranzutreiben und Aktivisten ins Visier zu nehmen. Angesichts der „unmoralischen Politik“ der USA und der zunehmend unmenschlichen Behandlung von Zufluchtsuchenden verwiesen sie auf IBMs Rolle während des Nationalsozialismus und forderten, nicht den gleichen Weg zu gehen.[4]
Aber auch die anderen beteiligten Firmen haben in ihrem Portfolio jede Menge Produkte, die für Dual Use stehen, bzw. stehen können. Aber nicht nur, dass, solche Initiativen treiben auch die Privatisierung und Kommerzialisierung von Wissenschaft und Forschung weiter voran, nicht mehr der Gebrauchswert nur noch der Profit zählt.
Autorin: Kristine Karch, Düsseldorf, Co-Chair intern. Netzwerk “No to war – no to NATO”
[1] Selbstdarstellung auf: https://cyber-valley.de/de/about
[2]Wer ist am Cyber Valley beteiligt? https://cyber-valley.de/de/faqs#who-is-part-of-cyber-valley
[3] Immigration Customs Enforcement.
[4] Aus „Ausdruck Magazin der IMI Dez. 2018, S.10 https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-Dezember2018-Web.pdf