12. Wem nützt die NATO-Aufrüstung?
Das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) veröffentlicht seit 1986 Berichte zu den Rüstungsausgaben auf der ganzen Welt. Dazu sieht sich das Institut, das über 50 Mitarbeiter beschäftigt, unter anderem die Daten der hundert weltweit größten Rüstungsunternehmen an. Der letzte erschienene Bericht errechnet für das vergangene Jahr eine weltweite Steigerung der Einnahmen dieser Unternehmen aus dem Verkauf von Waffen und militärischen Dienstleistungen um zweieinhalb Prozent auf 398,2 Milliarden US-Dollar.
Dieses Ergebnis kam für die SIPRI nicht unerwartet, weil viele Länder seit langem geplant hatten, Waffensysteme zu modernisieren. Hinzu kämen „Spannungen in bestimmten Ländern und Regionen“, die die „Nachfrage nach moderneren Systemen“ zusätzlich steigen ließen.
An der Spitze der Länder mit dem größten Zuwachs löste die Türkei Südkorea ab. Ihre Steigerung in Höhe von 24 Prozent ist auch darauf zurückzuführen, dass sie in Syrien Krieg führt und dort bereits einige Gebiete eroberte, die sie nun mit einem gewissen Aufwand für den Steuerzahler besetzt hält. Hinzu kommt die Verschlechterung der Beziehungen zu den USA und zu anderen Ländern: Die „deutliche Steigerung“ spiegelt die Ambitionen der NATO wider, ihre Rüstungsindustrie auszubauen, um die wachsende Nachfrage nach Waffen zu befriedigen und von ausländischen Zulieferern unabhängiger zu werden.
Rechnet man nicht nach Zuwachs, sondern nach Gesamtvolumen, stehen mit 226,6 Milliarden Dollar und etwa 57 Prozent aller weltweiten Waffenverkäufe die USA an der Spitze. Deren Unternehmen steigerten ihre Verkäufe mit zwei Prozent jedoch nur unterdurchschnittlich. Ohne die größere Nachfrage aus dem heimischen Pentagon wäre diese Bilanz zufolge noch schlechter ausgefallen.
Von den 100 ausgewerteten weltweit größten Rüstungsunternehmen stammen 47 aus den USA. Wichtigster amerikanischer Rüstungskonzern ist mit 44,9 Milliarden Dollar weiterhin der Flugzeugbauer Lockheed Martin, gefolgt vom Konkurrenten Boeing mit 26,9 Milliarden Dollar. Der Abstand zwischen diesen beiden Firmen, der 2016 noch bei 11 Milliarden Dollar lag, stieg auf 18 Milliarden Dollar. Der sowohl US- als auch weltweit drittplatzierte Rüstungskonzern, Raytheon, verkaufte Güter und Dienstleistungen im Wert von 23,9 Milliarden Dollar.
Auch die deutsche und europäische Rüstungsindustrie sind die Profiteure der Aufrüstung. Die deutschen Waffenkonzerne Rheinmetall, Thyssenkrupp, Heckler&Koch und Kraus-Maffei Wegmann zählen laut Friedensforschungsinstitut SIPRI zu Rüstungsexporteuren mit den höchsten Umsätzen weltweit, ebenso wie die Rüstungstöchter des europäischen Unternehmens Airbus. Rüstungskonversion und Umstellung der Produktion auf nützliche, soziale und ökologische Güter müssen unsere Antwort sein. Dazu bedarf es der Unterstützung der Gewerkschaften.
Autor: Willi von Ooyen, Vorsitzender der Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V.