Warum Kampfdrohnen für die Bundeswehr?
von Karl Heinz Peil
Am 11. Mai fand eine Anhörung seitens des Verteidigungsministeriums statt, die man als Alibi-Veranstaltung zur „breiten gesellschaftlichen Debatte“ bezeichnen kann, wie es gemäß Koalitionsvertrag zur Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr vorgesehen ist.
Verfolgt man die Begründungen hierfür, so wird auf Kampfeinsätze in Afghanistan verwiesen, wo bewaffnete Drohnen den Gegner zum Schutz von Bundeswehrsoldat*innen ausschalten könnten. Dass es unabhängig von Pseudo-Debatten einen festen Zeitplan für die Drohnen-Aufrüstung gibt, geht nicht zuletzt aus der Anfang Mai erfolgten Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zum Ausbau des Drohnen-Stützpunktes am Fliegerhorst Jagel hervor. Die von Israel geleaste, bewaffnungsfähige Drohne Heron TP dient bereits zur Ausbildung von Drohnenpilot*innen der Bundeswehr und soll zunächst die bereits vorhandenen, reinen Aufklärungsdrohnen Heron 1 ersetzen, von denen jeweils drei bereits in Afghanistan und Mali eingesetzt werden. Frühestens ab 2027 sollen diese durch die „Eurodrohne“ ersetzt werden.
Um die wahren Gründe dieser Planungen zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen. Das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte vor einem Jahr den Entwurf einer „Nationale(n) Industriestrategie 2030“ als „Strategische Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik“. Interessant ist, was dort unter den zehn „industriellen Schlüsselbereichen“ definiert wurde, „in denen Deutschland bereits heute und immer noch führend ist“. Explizit genannt werden „die Rüstungsindustrie“ sowie „die Luft- und Raumfahrtindustrie“. Auf dieser Basis hat natürlich die Entwicklung und Beschaffung der „Eurodrohne“ einen hohen Stellenwert. Diese langfristige Planung verrät, dass es um ganz andere Dinge geht als nur um eine „Lebensversicherung“ von Bundeswehrsoldat*innen im Einsatz, sondern vielmehr um neue, „innovative“ Fähigkeitsprofile.
Eine verbale Abgrenzung von dem US-Drohnenkrieg, der seit langen Jahren die Zivilbevölkerung in den Einsatzgebieten terrorisiert, ist deshalb völlig unglaubwürdig, auch weil sich die Bundesregierung seit Jahren hartnäckig weigert, gegen die hierfür notwendige, völkerrechts- und grundgesetzwidrige Nutzung der US Air Base Ramstein vorzugehen.
Es versteht sich hingegen von selbst, dass bei der Entwicklung der „Eurodrohne“ nicht nur die Beschaffung von 20 Stück für die Bundeswehr, sondern auch die Vermarktung für den Export fest eingeplant wird. Also auch an Länder, wo nicht über ethische Grundsätze zum Einsatz dieser Waffen debattiert wird, d.h. die „Eurodrohne“ würde dann zum zusätzlichen Debattenpunkt bei Rüstungsexporten.
Offen bleibt, für welche Einsatzszenarien die bewaffneten „Heron TP“ und vor allem die „Eurodrohne“ in den nächsten Jahren tatsächlich konzipiert werden. Wenn der Afghanistan-Einsatz in absehbarer Zeit durch den Rückzug der USA ausläuft, ist parallel dazu ein verstärkter Einsatz in Westafrika geplant.
Dort wird die existenzielle Sicherheit der Bevölkerung von vielen Faktoren bedroht, vor allem durch den Klimawandel und ein fragiles Gesundheitssystem, das tödliche Risiken, wie z.B. durch Malaria und Ebola-Virus, nicht schultern kann, auch ohne Corona-Virus.
Anstatt die aus solchen und weiteren regionalen Konfliktursachen entstehende Gemengelage als zu bekämpfenden Terrorismus zu bezeichnen, würde ein Bruchteil der Kosten von Bundeswehreinsätzen und der Aufrüstung mit Kampfdrohnen nachhaltig zum Kampf gegen die realen (Sicherheits-)Probleme in der Region beitragen.
Abrüsten statt Aufrüsten wäre deshalb für Westafrika noch wesentlich segensreicher als für uns in Deutschland.