Redebeitrag für den Ostermarsch Berlin von Michael Müller
Redebeitrag für den Ostermarsch Berlin am 20. April 2019
– Es gilt das gesprochene Wort –
Gegen die Gefahr eines doppelten Selbstmordes
Liebe Freundinnen und Freunde,
der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt nannte historische Momente, die für die Entwicklung der Menschheit besonders entscheidend sind, ein Rendezvous mit dem Schicksal. Dann kommt es darauf an, ob wir die Tragweite der Entwicklung erkennen, eine Alternative aufzeigen und den Mut und die Kraft haben, sie auch durchzusetzen. Um ein solches Rendezvous geht es auch heute. Aber ich befürchtet, sehr viele werden erst bei den künftigen Folgen merken, was heute für Fehler gemacht werden. Deshalb sagen wir umso lauer: Abrüsten statt Aufrüsten.
Wir müssen die verhängnisvolle Ignoranz und die Militarisierung des Denkens stoppen. Denn wenn es so weitergeht, droht der Menschheit ein doppelter Selbstmord:
- Zum einen der schnelle Selbstmord durch die neue Hochrüstung, die konventionelle und vor allem die atomare Hochrüstung. Es ist verantwortungslos, die Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des BIP zu erhöhen. Deutschland wäre dann auf Rang 3 bei den Rüstungsausgaben weltweit. Was soll dieser Unsinn? Das Geld fehlt für Bildung, Soziales und für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Also für Maßnahmen, die wirklich den Frieden sichern. Genauso verantwortungslos ist es, den INF-Vertrag für ein Verbot der Mittelstreckenraketen zu kündigen. Es droht der Wahnsinn einer neuen Atomrüstung, wenn die Sicherheitsarchitektur zerschlagen wird.
- Zum anderen die langsame ökologische Selbstvernichtung durch die vom Menschen verursachte Erderwärmung, durch das Überschreiten planetarischer Grenzen und durch den immer früheren Welterschöpfungstag.
Wir sind hier, weil wir die Ignoranz und Kurzsichtigkeit nicht tatenlos hinnehmen. Wir sind hier, weil wir die Kraft sind, die gegen die Militarisierung des Denkens und Handelns steht. Wir sind hier, weil wir NEIN sagen gegen die Eskalationsdynamik der Hochrüstung. Gegen den druhenden Selbstmord.
Wir fordern Abrüstung statt Aufrüstung. Wir wollen den Wahnsinn der Hochrüstung stoppen.
Wir sagen NEIN zu der Verantwortungslosigkeit, über den Klimawandel öffentlich mit Sorgenfalten auf der Stirn zu reden, aber nicht zu handeln.
Wir sagen NEIN zur Herrschaft des Marktes und der Gier. Wir fordern einen schnellen und sozial gerechten Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter.
Beide Fragen gehören eng zusammen, denn Klimawandel und Aufrüstung sind die Folgen eines alten Denkens und blinder Machtpolitik. Wir setzen das Bündnis der Friedensgruppen dagegen und das zusammen mit den Gewerkschaften und der Umweltbewegung. Wir verlangen von der Politik:
- Keine Erhöhung der Rüstungsausgaben;
- geschlossener Einsatz der Europäer für eine Fortführung des INF-Vertrages;
- eine Fortsetzung der Rüstungskontrollpolitik;
- eine sozial-ökologische Reformpolitik für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit;
- Stoppt die Rüstungsexporte.
Die Friedensbewegung muss wieder so stark werden wie in den 1980er Jahren. Was Willy Brandt damals sagte, gilt auch heute; Wir müssen den Irrsinn der Aufrüstung stoppen.
Dafür brauchen wir ein breites gesellschaftliches Bündnis auch gegen eine Politik, die den Wahnsinn der Hochrüstung vorantreibt. Und es geht auch nicht, ein wenig aufzurüsten. Wir brauchen das Geld für eine Weltinnenpolitik, die sich zur Gegenseitigkeit bekennt und auch eine gemeinsame Sicherheit will. Andernfalls wird die zusammenwachsende Welt zu einer zerbrechlichen Einheit.
Deshalb: Wir brauchen eine neue Entspannungspolitik jetzt.
Michael Müller ist Bundesvorsitzende der NaturFreunde und Mitglied im Arbeitsausschuss „Abrüsten statt Aufrüstung“.
Via https://www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2019/reden/michael-m%C3%BCller-berlin