FAQ Abrüsten statt Aufrüsten
Was sollen FAQs?
Die erstmalig beim Prager NATO-Gipfel (2002) beschlossene Verpflichtung[1], dass NATO-Mitgliedsstaaten mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung anstreben, folgt Interessengeleiteten Bedrohungsszenarien. Diese Szenarien stehen im Kontext mit ökonomischen und politischen Strategien. Wollen wir die Logik der Aufrüstung antasten, dann müssen wir Denkprozesse zu fördern, die Abrüstungspolitik und damit Friedens- und Sicherheitskonzepte zu stärken.
Anmerkung zur Arbeitsweise:
Wir haben uns entschieden, mit den (abgestimmten) Fragen und Antworten zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO engagiert, faktenbasiert und soweit möglich mit Quellenhinweisen einen notwendigen Beitrag zur besseren Aufklärung, Information und abrüstungspolitischen Motivation zu leisten.
Zum aktuellen Status der FAQs:
Einige Autor*innen (Kristine, Reiner, Willi, Uwe) haben Verantwortung für die Erstellung der Beiträge übernommen. Diese Beiträge sind in diesem Entwurf ohne inhaltliche Veränderungen eingefügt.
Keine Beiträge kamen zu den folgenden Fragen
- Braucht die NATO für Frieden und die Sicherheit ihrer Mitglieder wirklich so ein starkes Aufrüstungsprogramm?
- Wer hat das Zwei-Prozent-Ziel der NATO angestoßen und durchgesetzt?
- In welchem Verhältnis stehen die Waffenpotentiale der NATO zu Russland?
- Welche Alternativen gibt es zur NATO-Aufrüstung gibt es?
- Gibt es nichtmilitärische Wege um Frieden und Sicherheit für die Menschen zu schützen?
- Wie können Bürger*innen Einfluss nehmen in der Debatte um NATO-Aufrüstung?
Die FAQ-Sammlung kann ja jederzeit ergänzt und aktualisiert werden.
(INF-Kündigung, Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation zum Klimaschutz)
- Welche Veränderungen haben starken Einfluss auf die gegenwärtige Epoche?
Die globale machtpolitische Konstellation hat sich seit der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes in den 1990er Jahren enorm verändert. Die Politik des Neoliberalismus hat mit der Deregulierung der Märkte, der Privatisierung von öffentlichen Gütern, einer gigantischen Umverteilung zugunsten der Vermögen auf Kosten von Sozialstandards und Umwelt mit den verheerenden Folgen von Energiekrise und Klimakollaps, Hunger und Finanzchaos systemische Risiken für das Leben und die soziale Sicherheit dramatisch vergrößert.
Gleichzeitig führen die USA, die größte Militärmacht der Welt mit ihren Verbündeten seit über 18 Jahren einen endlosen „War on Terror“ mit Interventionen in Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien. In dieser Zeit profitiert die VR China von der Globalisierung und ist mit starker Dynamik auf dem Weg zur mächtigsten Wirtschaftsnation der Welt. Der Aufstieg weiterer Schwellenländer verbraucht ebenso wie das bisherige Wachstumsmodell der alten Industrienationen enorme aber auch begrenzte Ressourcen und nutzt dabei den ungehinderten Zugang zu Ressourcen und Absatzmärkten ihrer Waren. In Ressourcenreichen Regionen, in Teilen Afrikas, im mittleren und im Nahen Osten werden Kriege geführt.
Es sind so viele Menschen wie noch nie zuvor sind auf der Flucht vor Krieg, Hunger, Umweltschäden, Armut und anderen Formen der Gewalt. Vor diesem Hintergrund werden die USA von einem Präsidenten regiert, der teils mit Willkür, teils mit Verletzungen seiner bisherigen Verbündeten und Konkurrenten handelspolitische Konflikte eskaliert. Er kündigt das Weltklimaabkommen und stärkt den militärisch-industriellen Komplex. Andauernde Militärinterventionen, „America first“, die Abkehr vom Multilateralismus durch die bisher mächtigste Wirtschafts- und Militärmacht erhöhen im Kontext mit dem US-Entschluss zur Kündigung des Vertrages über das Verbot nuklearer Mittelstreckenwaffen (INF), dem Aufrüstungswahn der NATO (2-Prozent-Ziel) das Risiko weiterer militärischer Eskalationen. Diese Politik ist nicht die Basis für eine friedliche und nachhaltige Entwicklung, für die wirtschaftliche und soziale Sicherheit aller Menschen auf diesem Planeten.
Autor: Uwe Wötzel, ver.di Bundesverwaltung, Bereich Politik und Planung
- Wie hoch sind die weltweiten Rüstungsausgaben?
„Die weltweiten Militärausgaben erreichten 2017 mit schätzungsweise 1.739 Mrd. US-Dollar den höchsten Stand seit Ende des Kalten Krieges. Das entspricht 2,2 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder Pro-Kopf-Ausgaben von 230 US-Dollar.“[2]
Dagegen beträgt die Summe der Mittel für Darlehen und Zuschüsse für Entwicklungspolitische Zusammenarbeit weniger als ein Zwölftel der weltweiten Militärausgaben.[3]
Autor: Uwe Wötzel, ver.di Bundesverwaltung, Bereich Politik und Planung
- Wie hoch sind die Rüstungsausgaben in den wichtigsten Rüstungsländern einschließlich Russlands?
„Mit einem Rüstungsbudget von 610 Mrd. US-Dollar blieben die USA weltweiter Spitzenreiter, wobei der relative Anteil unverändert zu 2016 blieb (3,1 % des BIP). Obwohl die US-Militärausgaben 22 % unter dem Spitzenwert von 2010 lagen, lässt der Trend sinkender Ausgaben allmählich nach. Ende 2017 hat der US-Senat einen neuen Rüstungshaushalt angenommen, der mit 700 Mrd. US-Dollar für 2018 deutlich höhere Ausgaben als 2017 veranschlagt. China, mit einem Militärhaushalt von schätzungsweise 228 Mrd. US-Dollar auf Platz zwei, erhöhte diesen im Vergleich zu 2016 um 5,6 %. Dies war der geringste Anstieg seit 2010, allerdings innerhalb des Wachstums des BIP plus Inflation). Saudi-Arabien stieg 2017 aufgrund einer Erhöhung der Rüstungsausgaben um 9,2 % auf 69,4 Mrd. US-Dollar auf Platz drei. Russland senkte seine Militärausgaben dagegen um 20 % auf 66,3 Mrd. US-Dollar und kam damit auf Platz 4. Indiens Ausgaben stiegen 2017 um 5,5 % und waren mit $63,9 Mrd. US-Dollar die fünfthöchsten weltweit.“[4]
Autor: Uwe Wötzel, ver.di Bundesverwaltung, Bereich Politik und Planung
- Was könnte alles finanziert werden, wenn die Staaten ihre Rüstungsausgaben beenden?
Zum Beispiel Fortschritte auf dem Gebiet der globalen Gesundheitspolitik:
Nach Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten mit einem ehrgeizigen Szenario die Gesundheitsziele der Vereinten Nationen bei einer Steigerung der Investitionen auf 371 Mrd. USD oder 58 USD pro Person bis 2030 erreicht werden. Zum diesem Modell gehören mehr als 23 Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen und der Bau von mehr als 415 000 neuen Gesundheitseinrichtungen. Die Investitionen könnten 97 Millionen vorzeitige Todesfälle in einen Zeitraum von 15 Jahren verhindern, darunter mehr als 50 Millionen Säuglinge und Kinder, die entweder vor ihrem fünften Geburtstag tot sind oder sterben, und 20 Millionen Todesfälle durch nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und andere Erkrankungen Krebs. Die Lebenserwartung würde um 3,1 bis 8,4 Jahre ansteigen und in den 67 ärmsten Ländern würden 535 Millionen Jahre gesundes Leben hinzukommen. Allein dieser Fortschritt könnte das Potenzial dieser Länder zur selbständigen Entwicklung enorm steigern.[5]
Auch in Deutschland besteht enormer Investitionsbedarf in Bildung, Wohnraum, Mobilität, Gesundheit, Verkehrsinfrastruktur, Breitbandkommunikation, Energiewende.
Gute Bildung für alle. Die Arbeit der Pädagog*innen in Kitas und Schulen muss aufgewertet werden. In Kindertagesstätten fehlen 120.000 zusätzliche Erzieher*innen für gute frühkindliche Erziehung[6], in Schulen fehlen 50.000 Pädagog*innen, der Modernisierungsbedarf der Schulen ist enorm. Die Kapazitäten der Studienplätze für Lehrkräfte, Mediziner*innen müssen deutlich dem Bedarf angepasst werden. Universitäten haben Investitionsbedarfe für Modernisierungen und Erweiterungen. Studierende brauchen höhere Ausbildungsförderung.
Bezahlbares Wohnen für alle. Eine Lücke von 880.000 bezahlbaren Wohnungen allein in den zehn größten deutschen Städten muss in den nächsten Jahren geschlossen werden. Es darf nicht sein, dass Millionen Menschen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen.[7] Das Wohngeld muss angehoben werden.
Umweltverträgliche Mobilität. Die Schieneninfrastruktur, die Umstellung des ÖPNV auf emissionsfreien Antrieb, der Ausbau der Fahrradwege erfordert öffentliche Mittel in erheblichem Umfang.
Gute Gesundheit für alle. Die Arbeit der Pflegekräfte und medizinischen Hilfsberufe muss aufgewertet werden. Wir brauchen bessere Personalbemessung und -ausstattung in der Pflege[8], gute ärztliche Versorgung auf dem Land und in der Stadt, eine Modernisierung der Krankenhäuser.
Verkehrsinfrastruktur, Breitbandkommunikation, Energiewende. Für den Klimaschutz und eine leistungsstarke Volkswirtschaft sind konkrete Bedarfe identifiziert, die sich selbst nach Berechnungen arbeitgebernaher Institute auf dreistellige Milliardenbeträge summieren. [9]
Alten- und Demographie gerechte Infrastruktur in Kommunen. Die Anpassung vieler Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, von Sportstätten und Bädern, Kultureinrichtungen, Wohngebäuden und des Wohnumfelds älterer Menschen an ihre Bedürfnisse stellt einen notwendigen Beitrag zur Bewältigung des demographischen Wandels und zur Förderung von Wohlstand, Lebensqualität und gesellschaftlichem Zusammenhalt dar.[10]
Autor: Uwe Wötzel, ver.di Bundesverwaltung, Bereich Politik und Planung
- Welche Ausgaben werden für die Modernisierung von Waffensystemen geplant?
Auf der Berliner Sicherheitskonferenz im November 2018 hat die Verteidigungsministerin für 2019/2010 angekündigt, sie braucht zusätzlich zu den für 2019 bewilligten Erhöhung des Verteidigungsetats um 12$ noch einmal 32 Milliarden Euro mehr an Rüstungsausgaben um die neuen Rüstungsausgaben, die im Ministerium alle schon geplant wurden, zu finanzieren. Sie nannte dann u.a. als nicht oder unterfinanziert
- das neue allumfassende Kampflugzeug also den Nachfolger des Eurofighter (FCAS Kostenpunkt 400 Milliarden)
- einen neuen militärischen Lastkraftwagen,
- das Truppen- und Materialtransportflugzeug A 440, das seit 20 Jahren in der Diskussion ist und jedes Jahr mehr Geld verschlingt,
- den neuen deutsch-französischen Kampfpanzer) Main Ground Combat System, Kostenpunkt bis zu 100 Milliarden Euro)
- mindestens vier weitere Korvetten für die Marine.
- Zuerst das Leasen und dann die Anschaffung der (Euro) Drohne) Kostenpunkt 2019 ca. 1 Milliarde Euro
- Bereitstellung der Gelder für PESCO (über den EU Haushalt) und der französischen Interventionsinitiative
- Aufstockung des Personalbestandes der Bundeswehr und Finanzierung der „teuren Einkäufe“ für die Cyber Kriegführung
- Ausbau der zivilen (Autobahnen/Brücken), das aus dem Bundeshaushalt aber nicht aus dem Verteidigungshaushakt finanziert wird und der militärischen Infrastruktur
Die Debatte über den Rüstungshaushalt 2020 ist eröffnet!
Autor: Reiner Braun, Sprecher der „Kooperation für den Frieden“ und Co-Präsident des International Peace Bureau
- Warum will die NATO aufrüsten? Welche relevanten Bedrohungsszenarien liegen dem Aufrüstungsziel zu Grunde?
Als Reaktion auf die veränderte sicherheitspolitische Situation durch die Ukraine-Krise beschloss die NATO auf ihrem Gipfel in Wales einen Readiness Action Plan (RAP) beschlossen. Neben der Optimierung der Strukturen und Stärkung der militärischen Kräfte wurde eine neue superschnell Eingreiftruppe: Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) installiert. [11]
Durch weitere Truppenverlegungen in den Osten sollen den Sicherheitsinteressen der dortigen NATO – Mitglieder Rechnung getragen werden. Diese ist Bestandteil der NATO Response Force (NFA), der bereits 2002 als multinationale Eingreiftruppe beschossen wurde. Auch die NFA wurde erhöht und den östlichen NATO-Mitgliedsländer eine permanente aber rotierende Präsenz versprochen, die eine der Ursachen für die massiven Truppenverlegungen von der USA durch Norddeutschland Richtung Polen und den baltischen Ländern. Diese Truppenbewegungen wiedersprechen zwar den 2+4 Verträgen, mit denen einen permanente Stationierung von NATO-Truppen an der Russischen Grenze ausgeschlossen werden sollte.
Dieser RAP dient nicht nur als Antwort auf die empfundene Bedrohung aus Russland wegen seinem Verhalten in der Ukraine-Krise, sondern auch als Antwort gegen den Terrorismus und die Risiken und Bedrohungen im Nahen Osten, sowie weiteren Herausforderungen, wie Klimawandel und Sicherung der Ressourcen und Handelswege.
Das alles ist nicht umsonst zu haben, deswegen der Beschluss für die 2 %.
Seit 01. Januar 2019 ist die Bundesrepublik als Rahmennation für die VJTF verantwortlich. Gemeinsam mit den Niederlanden und Norwegen leitet die Bundeswehr diese Einheit, deren Mitglieder aus neun Nationen kommen.
Auf dem NATO-Gipfel in Polen wurde 2016 noch einmal der Präsenz von vier Battle-Groups (Enhanced Forward Presence) im Baltikum und auch im in der Schwarzmeerregion bekräftigt und auch die weiteren Punkte des RAP eingefordert. Diese Truppen agieren sowohl zu Lande, im Meer als auch in der Luft. [12]
Beim NATO-Gipfel in Warschau rückten die Bedrohungen durch die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten, den Krieg gegen den Terror und der Kampf gegen den IS ebenso wieder stärker in den Fokus, wie Hybride Kriegsführung und „Verteidigung“ gegen Cyberangriffen. Festgehalten wird auch am sogenannte Raketenabwehrschirm, der die durch den INF-Vertrag abgezogenen Mittelstreckenraketen zurückbringt.
Die Brüsseler NATO-Gipfel 2017[13] und 2018[14] waren geprägt durch Trumps Unberechenbarkeit und der Forderung nach bis zu 4% des BIPs, sowie dem vorauseilenden Gehorsam von von der Leyen, die bereitwillig, die geforderten Erhöhungen der Rüstungsausgaben zusagte. Auch hier wurde auf reale Probleme wie Hunger, Flucht und Vertreibung nur mit weiterer Militarisierung geantwortet. Gelder für Infrastrukturmaßnahmen gibt es nur, wenn diese militärisch notwendig sind, aber nicht, wenn Menschen sie benötigen. Selbst der Personentransport durch die Deutsche Bahn muss hinter den Truppen- und Ausrüstungstransporte für die „Very High Readiness Joint Task Force“ zurückstehen.[15]
Autorin: Kristine Karch, Düsseldorf, Co-Chair intern. Netzwerk “No to war – no to NATO”, Januar 2019
- Ist das Zwei-Prozent-Ziel der NATO ein notwendiges Vorhaben, um Cyber-Angriffe auf die Sicherheit zu verhindern oder zu beschränken?
Angriffe auf unsere Sicherheit – egal ob konventionelle oder Cyber-Angriffe – können nur beschränkt oder verhindert werden, wenn wir aus der Kriegslogik und dem Militarismus aussteigen und eine Kultur des Friedens, der Kooperation statt Konfrontation, der Solidarität, des Respekts und der Würde entwickeln.
Es sind doch gerade die militärischen „Tugenden“, wie Identifizieren, Analysieren, Verfolgen, Verschleiern, Täuschen, Ausspionieren, Zerstören, Konkurrenz und Wettbewerb, die Cyber-Angriffe ermöglichen und die Kassen der Rüstungsindustrie klingeln lassen. Solange Staaten – allen voran die USA und ihre Geheimdienste – von den Technologie-Unternehmen fordern, Hintertüren für Spionage und Überwachsungszwecke in ihre Software einzubauen, nutzen auch die größten Investitionen nichts zu unserem Schutz.
Schon das Internet wurde von und für das Militär entwickelt, so sind heute die Dual-Use Elemente noch wesentlich größer geworden, siehe Drohnen.
Und auch die Künstliche Intelligenz – besonders die selbstlernenden Algorithmen – spiegeln nur die herrschende Denkweise wieder. Die Auswahl der Trainingsdaten, an Hand derer die Algorithmen lernen, bestimmen was gelernt wird und beinhalten immer subjektive Aspekte derjenigen, die Daten zusammenstellen, siehe die rechtsradikalen Algorithmen bei Facebook.
Die enge Verzahnung zwischen Industrie, Wissenschaft und Militär verdeutlicht die Initiative Cyber Valley. „[Diese] bündelt die Forschungsaktivitäten von internationalen Key-Playern aus Wissenschaft und Industrie auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Gefördert durch das Land Baden-Württemberg werden … neue Forschungsgruppen und Lehrstühle auf den Gebieten Maschinelles Lernen, Robotik und Computer Vision [ge]schaffen und … in einer neuen und weltweit einzigartigen Graduiertenschule für Intelligente Systeme … Doktoranden ausgebildet.“[16] „Derzeit sind elf Kernpartner aus Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft an der Initiative beteiligt, u.a. die Max-Planck-Gesellschaft, die Universitäten Stuttgart und Tübingen, Amazon, BMW AG, Daimler AG, IAV GmbH, Porsche AG, Robert Bosch GmbH und ZF Friedrichshafen AG.“[17]
Mit Amazon sitzt ein Unternehmen am Tisch, das nicht nur durch seine Ausbeutung, Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz berüchtigt ist, sondern auch wegen seinen engen Beziehungen zur US-Regierung, CIA und Polizei. Diese haben Interesse an Amazons Gesichtserkennungssoftware „Rekognition“ zum Identifizieren, Verfolgen, Analysieren. Die Beschäftigten bei Amazon schrieben einen Brief an ihren Chef. „In diesem forderten sie dazu auf, aufzuhören, Infrastruktur an Polizeieinheiten wie ICE[18] oder Homeland Security bereitzustellen. Die Angestellten Amazons mahnten die Macht ihrer Software an, den Überwachungsstaat zu fördern, Militarisierung voranzutreiben und Aktivisten ins Visier zu nehmen. Angesichts der „unmoralischen Politik“ der USA und der zunehmend unmenschlichen Behandlung von Zufluchtsuchenden verwiesen sie auf IBMs Rolle während des Nationalsozialismus und forderten, nicht den gleichen Weg zu gehen.[19]
Aber auch die anderen beteiligten Firmen haben in ihrem Portfolio jede Menge Produkte, die für Dual Use stehen, bzw. stehen können. Aber nicht nur, dass, solche Initiativen treiben auch die Privatisierung und Kommerzialisierung von Wissenschaft und Forschung weiter voran, nicht mehr der Gebrauchswert nur noch der Profit zählt.
Autorin: Kristine Karch, Düsseldorf, Co-Chair intern. Netzwerk “No to war – no to NATO”, Januar 2019
- Ist das Zwei-Prozent-Ziel der NATO ein notwendiges Vorhaben, um hybride Kriege zu verhindern oder zu beschränken?
Seit 2016 unterhalten die NATO und die EU gemeinsam in der finnischen Hauptstadt Helsinki ein „European Centre of Excellence for Countering Hybrid Threats” (Hybrid COE), ein Europäisches Exzellenzzentrum zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen.[20]
Das Hybrid COE schreibt: Wir leben in einer Zeit hybrider Bedrohungen. Es gibt staatliche und nichtstaatliche Akteure, die Länder und Institutionen herausfordern, die sie als Bedrohung, Gegner oder Konkurrent ihrer Interessen und Ziele sehen. Das Spektrum der Methoden und Aktivitäten ist breit gefächert, darunter: Beeinflussung von Informationen; Angriffe auf Infrastrukturen wie z.B. Energieversorgungspipelines; wirtschaftliche und handelsbezogene Erpressung; Untergrabung internationaler Institutionen durch ineffiziente Regeln; Terrorismus oder zunehmende Unsicherheit.[21]
Sowohl auf dem NATO Gipfel in Warschau 2016 als auch auf dem NATO-Gipfel in Brüssel 2018 gab von NATO und EU gemeinsame Erklärungen mit Vorschläge für konkreten Maßnahmen „gegen hybride Bedrohungen, den Aufbau von Widerstandsfähigkeit in der Cybersicherheit und strategische Kommunikation“. In Brüssel wurde ein zusätzlicher Schwerpunkt „auf die militärische Mobilität, die Terrorismusbekämpfung und die Widerstandsfähigkeit gegen Risiken durch chemische, biologische, radiologische und nukleare Stoffe“[22] gelegt.
Im November richtete die EU die Hybrid Exercise Multilayer 18 (HEX-ML 2018 PACE) aus, an der aus der Bundesrepublik das Bundesministerium des Innern, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Verteidigung teilnahmen. Die NATO war auch beteiligt. Das Jahr zuvor hatte diese noch PACE 2017 ausgerichtet.
Ziel von „Hybrid Exercise Multilayer 18“ war es, „in Zusammenarbeit mit der NATO […] Krisenmanagement und die Bewältigung hybrider Bedrohungslagen“, welche die EU und ihre Mitgliedstaaten betreffen könnten, einzuüben und „die Reaktionsfähig-keit der EU auf kommende hybride Krisen zu verbessern“ (Bundestagsdrucksache 19/4106). Die Übung sollte in Brüssel (Belgien), Larissa (Griechenland), Nea Santa (Griechenland), Torrejon (Spanien) und anderen Staaten durchgeführt werden (Bundestagsdrucksache 19/1212, Antwort zu Frage 1).[23]
Die EU-Mitgliedsstaaten brachten als „hybride Bedrohungen, deren militärische Beantwortung trainiert werden soll, [] die Bereiche Energie, Gesundheit, Cyber, Desinformation, maritime Ereignisse und einen Anstieg von Migration ein. Dass diese Bereiche nicht zivil, sondern militärisch „gelöst“ werden sollen, ist Ausdruck einer zunehmenden Militarisierung der EU. Migration als militärische Bedrohung zu betrachten ist falsch und für die Betroffenen sehr gefährlich.“[24]
Statt hier weiter Millionenbeträge für Kriegsübungen gegen Menschen in Not einzusetzen, müssen mit diesen Geldern die Ursachen von Hunger, Elend, Not und Vertreibung beseitigt werden. Hierzu ist es notwendig, die weitere Militarisierung der Gesellschaften zu stoppen und diese zurückzunehmen, sowie sich von der Kriegslogik zu verabschieden. Stattdessen müssen Zivile Konfliktbearbeitung, Kooperation, Respekt und Würde geübt werden. Dies gilt nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch für die Gesellschaften insgesamt. Dazu gehört nicht nur eine geschlechter-gerechte Arbeitsteilung im Produktions- und Reproduktionsbereich, sondern auch solidarische Sozialversicherung und gerechtere Verteilung der erwirtschafteten Überschüsse.
Autorin: Kristine Karch, Düsseldorf, Co-Chair intern. Netzwerk “No to war – no to NATO”, Januar 2019
- Welche besondere historische Dimension hat das Aufrüstungsziel der NATO?
Erstmals in der 70jähringen Geschichte der NATO versucht die NATO mit den 2% Ziel eine am Bruttoinlandsprodukt orientierte Quote für Rüstungsausgaben politisch durchzusetzen, die bei 24 der 29 NATO-Mitglieder (Nord Mazedonien soll das 30. NATO-Mitglied werden) eine umfassende Aufrüstung beinhalten würde. Ziel ist eine Vereinheitlichung der Rüstungsausgaben auf einem Niveau, das weit über dem des Kalten Krieges liegt. Krisenhafte ökonomische Entwicklungen in einzelnen NATO-Staaten werden nicht berücksichtigt und eine neue Runde des internationalen Wettrüstens provoziert. Der Druck durch den US-Präsidenten erhöht die politischen Pressionen auf viele Länder. Die NATO würde damit ihre einzigartige Position als das größte, umfassendste Militärbündnis der Welt weiter ausbauen, konventionell ist die NATO allen Staaten der Erde massiv militärisch überlegen. Ein vergleichbares potentes Militärbündnis mit dieser Dimension von materiellen Ressourcen dem kein, auch nur ein annähernd vergleichbar militärisch gerüsteter „Feind“ gegenübersteht, hat es historisch nie gegeben.
Autor: Reiner Braun, Sprecher der „Kooperation für den Frieden“ und Co-Präsident des International Peace Bureau
- Warum verfolgt die NATO nach Auflösung des Warschauer Paktes und nach dem Ende und dem Zerfall der Sowjetunion ein so gewaltiges Aufrüstungsprogramm?
Die am 21. November 1990 unterzeichnete Charta von Paris für ein neues Europa schrieb einen Friedens- Entspannungs- und Abrüstungsprozess für Europa durch die Unterschrift aller europäischer Staats- und Regierungschefs fest. Kurze Zeit später begann in der NATO die Debatte um die Osterweiterung der NATO. 1997 wurde mit den ersten Aufnahmen von Polen, Tschechien und Ungarn die erste Runde der NATO-Osterweiterung abschloss Bis heute führte die politisch gewollte Erweiterung dazu, dass aus 16 NATO Ländern bald 30 werden. Die NATO-Osterweiterung verstößt gegen den Geist der Charta von Paris, gegen vielfältige diplomatische versprechen und Ankündigungen. Die drei Erweiterungsrunden der NATO bis 2008 und die Ankündigung ihrer weiteren Expansion sind die Grundlage für vielfältige konfrontative Auseinandersetzungen, an denen Russland – der Opponent der Ausdehnung – beteiligt ist u.a. auch um Georgien und Ukraine. Das Raketenabwehrsystem verstärkt diese Konfrontation und führt Schritt um Schritt zu Beendigung aller Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge wie Vertrag zur Konventionellen Rüstung, ABM-Vertrag, Open Sky Vereinbarung. Politische und militärische Reaktionen Russland verstärken aus Sicht der NATO die Notwendigkeiten der Erweiterung und die immense Aufrüstung.
Es geht um die „Eindämmung“ Russlands, das nicht mehr nur als „politischer Gegner“ sondern seit dem NATO-Gipfel von Wales 2016 auch wieder als „Feind“ betrachtet wird. Das autoritär regierte Russland wird als politische, ideologische Begründung für die dramatische Aufrüstung herangezogen. Aggressive Absichten gegenüber der NATO werden nicht nur von SIPRI sondern auch von der NATO nahestehenden wissenschaftlichen Instituten wie dem Londoner „International Institut for Strategic Studies“ negiert, sie widersprechen historischen Erfahren aber auch ökonomischen potentialen und militärischen Möglichkeiten. Die russischen Militärausgaben sind ca. 1/13 bis 1/14 der NATO Ausgaben (ungefähr 66 Milliarden Dollar zu 900 Milliarden Dollar 2017).
Als Begründung für die Aufrüstung wird seit dem NATO Gipfel Ende der 90 Jahre auch die gewachsene weltpolitische Verantwortung der NATO angeführt. Diese dokumentier sich in der Ausweitung des militärischen Engagements in der Welt besonders vor allem in nicht der NATO angehörenden Ländern wie u.a. Afghanistan, Irak, Serbien, Libyen. Globale Interventionsfähigkeiten ist eine Begründung für die Aufrüstung.
Autor: Reiner Braun, Sprecher der „Kooperation für den Frieden“ und Co-Präsident des International Peace Bureau
- Ist die NATO-Aufrüstung eine notwendige Antwort auf den Aufstieg Chinas?
Die NATO-Aufrüstung ist keine Antwort auf den Aufstieg Chinas.
Ein Blick auf die aktuellen Rüstungsausgaben zeigt, dass die Volksrepublik China – rein quantitativ – auf vielen Gebieten, vor allem bei den offensiven Waffengattungen und den Kriegsschiffen, weit hinter den USA hinterherhinkt. Diese hat auch mit Chinas Nachbarschaft von Kirgisien und Afghanistan über Singapur bis nach Japan und Südkorea zu tun, in der die USA zahlreiche Militärbasen unterhalten. Der Vergleich der Anzahl der Soldaten zeigt, dass der Unterschied kleiner, das heißt, die rein zahlenmäßige Übermacht der chinesischen Armee geringer ist, als man erwarten würde. Die USA haben 1,43 Millionen Männer und Frauen unter Waffen und 0,85 Millionen Reservisten. In China sind es 2,33 und 0,51 Millionen. Auffallend ist zudem, dass die USA etwa das 20-Fache an Landetruppen hat.
Es gibt also nach wie vor ein erhebliches Ungleichgewicht, aber das macht natürlich die chinesische Aufrüstung nicht zu einer erfreulichen Geschichte. Ganz egal was man von der US-Dominanz hält und wie man zu den chinesischen, indischen, brasilianischen und russischen Ansprüchen steht, eine multipolare Welt zu schaffen: Auf jeden Fall hätte ein Krieg zwischen den USA und China oder ein Krieg zwischen einem (äußerst) hypothetischen russisch-chinesischen Block und der NATO katastrophale Konsequenzen für die ganzen Menschheit. Vom nuklearen Winter spricht zwar kaum noch jemand, aber seine Gefahren sind heute noch so real wie Anfang der 1980er Jahre.
Wer also wirklich besorgt wegen der chinesischen Aufrüstung ist, müsste sich zunächst klar machen, dass sie bei der gegenwärtigen Verfasstheit der Welt ein natürlicher Reflex einer aufstrebenden Macht ist, die rund ein Fünftel der Weltbevölkerung repräsentiert und demnächst die führende Wirtschaftsmacht sein wird. Vielleicht kann mit einer internationalen Kooperation bei dem Projekt „Seidenstraße“ eine friedliche Perspektive entwickelt werden.
Und sodann sollten wir uns überlegen, wie man durch Abrüstung hierzulande und auf Seiten der NATO den chinesischen Ängsten die Nahrung entzieht und die Situation entschärft.
Die 10 Nationen mit den höchsten Militärausgaben 2017:
(Alle 29 Nato-Staaten 900 Milliarden Dollar…)
USA | 610 Milliarden US-Dollar |
China | 228 Milliarden US-Dollar |
Saudi-Arabien | 69,4 Milliarden US-Dollar |
Russland | 66,3 Milliarden US-Dollar |
Indien | 63,9 Milliarden US-Dollar |
Frankreich | 57,8 Milliarden US-Dollar |
Großbritannien | 47,2 Milliarden US-Dollar |
Japan | 45,4 Milliarden US-Dollar |
Deutschland | 44,3 Milliarden US-Dollar |
Südkorea | 39,2 Milliarden US-Dollar |
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- Autor: Willi von Ooyen, Vorsitzender der Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V.
- Wem nützt die NATO-Aufrüstung?
Das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) veröffentlicht seit 1986 Berichte zu den Rüstungsausgaben auf der ganzen Welt. Dazu sieht sich das Institut, das über 50 Mitarbeiter beschäftigt, unter anderem die Daten der hundert weltweit größten Rüstungsunternehmen an. Der letzte erschienene Bericht errechnet für das vergangene Jahr eine weltweite Steigerung der Einnahmen dieser Unternehmen aus dem Verkauf von Waffen und militärischen Dienstleistungen um zweieinhalb Prozent auf 398,2 Milliarden US-Dollar.
Dieses Ergebnis kam für die SIPRI nicht unerwartet, weil viele Länder seit langem geplant hatten, Waffensysteme zu modernisieren. Hinzu kämen „Spannungen in bestimmten Ländern und Regionen“, die die „Nachfrage nach moderneren Systemen“ zusätzlich steigen ließen.
An der Spitze der Länder mit dem größten Zuwachs löste die Türkei Südkorea ab. Ihre Steigerung in Höhe von 24 Prozent ist auch darauf zurückzuführen, dass sie in Syrien Krieg führt und dort bereits einige Gebiete eroberte, die sie nun mit einem gewissen Aufwand für den Steuerzahler besetzt hält. Hinzu kommt die Verschlechterung der Beziehungen zu den USA und zu anderen Ländern: Die „deutliche Steigerung“ spiegelt die Ambitionen der NATO wider, ihre Rüstungsindustrie auszubauen, um die wachsende Nachfrage nach Waffen zu befriedigen und von ausländischen Zulieferern unabhängiger zu werden.
Rechnet man nicht nach Zuwachs, sondern nach Gesamtvolumen, stehen mit 226,6 Milliarden Dollar und etwa 57 Prozent aller weltweiten Waffenverkäufe die USA an der Spitze. Deren Unternehmen steigerten ihre Verkäufe mit zwei Prozent jedoch nur unterdurchschnittlich. Ohne die größere Nachfrage aus dem heimischen Pentagon wäre diese Bilanz zufolge noch schlechter ausgefallen.
Von den 100 ausgewerteten weltweit größten Rüstungsunternehmen stammen 47 aus den USA. Wichtigster amerikanischer Rüstungskonzern ist mit 44,9 Milliarden Dollar weiterhin der Flugzeugbauer Lockheed Martin, gefolgt vom Konkurrenten Boeing mit 26,9 Milliarden Dollar. Der Abstand zwischen diesen beiden Firmen, der 2016 noch bei 11 Milliarden Dollar lag, stieg auf 18 Milliarden Dollar. Der sowohl US- als auch weltweit drittplatzierte Rüstungskonzern, Raytheon, verkaufte Güter und Dienstleistungen im Wert von 23,9 Milliarden Dollar.
Auch die deutsche und europäische Rüstungsindustrie sind die Profiteure der Aufrüstung. Die deutschen Waffenkonzerne Rheinmetall, Thyssenkrupp, Heckler&Koch und Kraus-Maffei Wegmann zählen laut Friedensforschungsinstitut SIPRI zu Rüstungsexporteuren mit den höchsten Umsätzen weltweit, ebenso wie die Rüstungstöchter des europäischen Unternehmens Airbus. Rüstungskonversion und Umstellung der Produktion auf nützliche, soziale und ökologische Güter müssen unsere Antwort sein. Dazu bedarf es der Unterstützung der Gewerkschaften.
Autor: Willi von Ooyen, Vorsitzender der Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V.
- Ist das Zwei-Prozent-Ziel der NATO eine rechtlich bindende Verpflichtung?
Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben bei ihrem Gipfeltreffen am 11.7.18 in Brüssel gerade noch mal das skandalöse Ziel einer massiven Aufrüstung bekräftigt, dass alle Mitgliedsländer bis 2024 Verteidigungsausgaben von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung anstreben sollen – da kommt der verhaltensoriginelle US-Präsident Donald Trump mit einer neuen Idee: Es sollten doch besser vier Prozent werden. Es gibt keine rechtlich verbindliche Festlegung. Der Rüstungsanteil am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland liegt zur Zeit bei 1,2 Prozent – bis zum Jahr 2020 soll der Verteidigungsetat weiter steigen und die unglaublich aufwendigen PR-Kampagnen für mehr Aufrüstung laufen (fast) unwidersprochen.
Um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, müsste Deutschland insgesamt mehr als 80 Milliarden Euro (80.000.000.000) für das Militär ausgeben. Es passt in die zeitgemäßen Durchsetzungsstrategien, dass Parteien und Rüstungslobby lieber von 2% reden, als von jährlich 80 Milliarden Euro.
Dieses Geld sollte für dringend benötigte soziale- und Umweltprojekte und nicht für die Rüstung ausgegeben werden.
Die aktuelle, unglaublich gut organisierte Aufrüstungskampagne setzt ganz stark auf das Argument der „armen unterfinanzierten Bundeswehr“. Da werden „nicht tauchende U-Boote und nicht flugbereite Hubschrauber und Eurofighter“ aufgelistet. Die Truppe jammert und die Rüstungs-Lobbyisten verstärken den veröffentlichten Eindruck. Heute wird der Grund für die selbst erzeugte Mangelwirtschaft nicht mehr öffentlich diskutiert und erstaunlich und erschreckend einheitlich der vorgeschobene Geldmangel als Grund für die Probleme genannt.
Wir sollten unsere Steuergelder für Dinge ausgeben, die den Menschen und dem Land wirklich nutzen.
Autor: Willi von Ooyen, Vorsitzender der Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V
- Gibt es neben dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO weitere Gründe für eine Politik der Abrüstung?
Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO ist nicht die einzige aktuelle Heraufforderung für Menschen, die in Frieden und Sicherheit leben wollen. Bisher haben Abkommen zwischen Atommächten erfolgreich das Atomkriegsrisiko und auch die Rüstungskosten begrenzt. Die Kündigung von Abrüstungsabkommen zur Begrenzung von Atomraketen bedroht nun zusätzlich zu den konventionellen Aufrüstungsplänen der NATO den Frieden und erhöht bei Stationierung neuer Atomraketen in Europa das Risiko eines Atomkrieges.
Blicken wir kurz zurück. Es kam in Europa nach Beendigung des kalten Krieges und zu Zeiten einer starken Friedensbewegung zum bedeutsamen INF-Vertrag[25] (Intermediate Nuclear Forces Treaty) zwischen der Sowjetunion und der USA. Mit Atomsprengköpfen bestückte Mittelstreckenraketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern wurden ab Juni 1988 aus Europa entfernt, vernichtet und mit Produktionsverbot belegt. Der Vertrag gilt als Meilenstein der internationalen Rüstungskontrolle, da erstmals eine ganze Kategorie an Nuklearwaffen verboten wurde und gleichzeitig Kontrollmechanismen zur gegenseitigen Verifizierung in den Vertrag aufgenommen wurden. Bis 1991 wurde der Vertrag erfüllt und kontrolliert. Der INF-Vertrag schuf die Grundlage, um auch über konkrete Abrüstungsziele zu verhandeln. Beispielsweise wurde mit dem START-Abkommen[26] die Anzahl an strategischen Nuklearwaffen und Trägersystemen in den USA und Russland begrenzt. Nach Auslaufen des Abkommens folgten langwierige Verhandlungen zu den Folgeverträgen. Unter US-Präsident Obama wurde schließlich 2010 NEW START[27] unterzeichnet und trat im Februar 2011 in Kraft. Auf diesen Verträgen, zusammen mit dem Raketenabwehrvertrag (ABM[28]) und dem Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE)-Vertrag[29] wurde die heutige Sicherheit Europas aufgebaut. Diese Verträge erodieren allerdings zunehmend. Die USA zogen sich unter George W. Bush bereits 2001 aus dem ABM-Vertrag zurück.
Das gleiche Schicksal hat nun den INF-Vertrag ereilt. Schon seit 2013 verdächtigen sich beide Vertragsparteien gegenseitig, gegen die Vereinbarungen zu verstoßen. Die USA werfen Russland vor, mit der Entwicklung eines neuen Marschflugkörpers gegen die Vorgaben des INF-Vertrags zu verstoßen. Gleichzeitig erhebt Russland den Vorwurf, das von den USA in Rumänien stationierte Raketenabwehrsystem sei nicht vertragskonform. Anfang Februar 2019 kündigten die USA den INF-Vertrag. Wenn es nicht zur Erneuerung kommt, dann wird der INF-Vertrag in wenigen Monaten seine Geltung verlieren und noch 2019 wird eine neue Runde des Auf- und Wettrüstens in Europa einsetzen. Da die US Regierung ebenfalls plant, das New START Abkommen über 2021 nicht weiter zu verlängern, stünde einer nuklearen Konfrontation rechtlich nichts mehr im Wege und die Bedrohung einer erneuten Aufrüstung mit Kurz- und Mittelstreckenraketen wäre wieder ein reales Szenario.
Eine starke Friedensbewegung kann Politik unter Druck setzen, schließlich zu Abrüstungskontrollverträgen und mit wirklichen Abrüstungsschritten führen. Die Friedensbewegung mobilisierte Anfang der 1980er Jahre in Westeuropa und den USA gegen die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen in Europa Millionen Menschen und bestimmte über einige Jahre das politische Klima wesentlich und wirksam mit. Die Friedensbewegung[30] organisierte nicht nur in Westeuropa die bis dahin die größten Massendemonstrationen und hatte einen wirksamen Anteil am Zustandekommen des INF-Vertrages und anderer Abrüstungsabkommen, die jetzt in Gefahr sind.
Autor: Uwe Wötzel, ver.di Bundesverwaltung, Bereich Politik und Planung
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[1] https://www.bundestag.de/blob/505886/e86b5eecc480c0415bff0d131f99789f/wd-2-034-17-pdf-data.pdf
[2] https://www.sipri.org/sites/default/files/2018-09/sipri_yb18_summary_de_0.pdf
[3] http://www.oecd.org/berlin/presse/oda-zahlen2011wenigerfinanzmittelfurentwicklungslander.htm
[4] https://www.sipri.org/sites/default/files/2018-09/sipri_yb18_summary_de_0.pdf
[5] https://www.who.int/features/qa/sdg-price-tag/en/
[6] https://www.laendermonitor.de/de/startseite/
[7] Andrej Holm, Stephan Junker, Kevin Neitzel: Wem nutzen wohnungspolitische Maßnahmen? (pdf), Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 93, September 2018 (https://www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_WP_093_2018.pdf)
[8] In der Altenpflege waren nach Angaben der Bundesregierung im Jahresdurchschnitt 2017 deutschlandweit rund 23.000 Stellen unbesetzt. Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion, Unbesetzte Stellen in der Alten- und Krankenpflege, Bundestagsdrucksache 19/1803 vom 23.04.2018, online: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/018/1901803.pdf
[9] Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft IW Köln, Die Infrastruktur in Deutschland. Zwischen Standortvorteil und Investitionsbedarf, IW Analysen Nr. 95, 2014, online: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Analysen/PDF/Bd._95_Infrastruktur.pdf
[10] Studie des Deutschen Institutes für Urbanistik, https://difu.de/node/8306
[11] Wales 2014 Summit Declaration https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_112964.htm
[12] Warsaw 2016 Summit Declaration https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_133169.htm
[13] Meeting of Heads of State and/or Government, NATO Headquarters, 25 May 2017 https://www.nato.int/cps/en/natolive/events_143956.htm
[14] Brussels 2018 Summit Declaration https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_156624.htm
[15] Bahn frei für die Bundeswehr | Der Rahmenfrachtvertrag für internationalen Schienentransport zwischen Bahn und Bundeswehr | von: Claudia Haydt | 7. Januar 2019 https://www.imi-online.de/2019/01/07/bahn-frei-fuer-die-bundeswehr/
[16] Selbstdarstellung auf: https://cyber-valley.de/de/about
[17]Wer ist am Cyber Valley beteiligt? https://cyber-valley.de/de/faqs#who-is-part-of-cyber-valley
[18] Immigration Customs Enforcement.
[19] Aus „Ausdruck Magazin der IMI Dez. 2018, S.10 https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-Dezember2018-Web.pdf
[20] https://www.hybridcoe.fi/
[21] Aus: https://www.hybridcoe.fi/hybrid-threats/ übersetzt mit www.DeepL.com/Translator
[22] Cooperating to counter hybrid threats https://www.nato.int/docu/review/2018/Also-in-2018/cooperating-to-counter-hybrid-threats/EN/index.htm
[23] Kleine Anfrage der Abgeordneten Hunko, Hänsel, u.a. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/069/1906983.pdf
[24] aus https://www.imi-online.de/download/Ausdruck-Dezember2018-Web.pdf
[25] https://de.wikipedia.org/wiki/INF-Vertrag
[26] https://de.wikipedia.org/wiki/Strategic_Arms_Reduction_Treaty
[27] https://de.wikipedia.org/wiki/Strategic_Arms_Reduction_Treaty#New_START
[28] https://de.wikipedia.org/wiki/ABM-Vertrag
[29] https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_%C3%BCber_Konventionelle_Streitkr%C3%A4fte_in_Europa
[30] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensbewegung#Gegen_den_Nato-Doppelbeschluss